Lange Zeit nicht gefahren?
Lassen Sie es langsam "angehen"
Als der Autor vor einigen Jahren nach einer 15-jährigen Pause das erste Mal wieder auf ein Motorrad stieg, hatte er mächtig Respekt vor den 27 PS seiner BMW R45, die er sich ausgesucht hatte. Es schien ihm, er fahre eine schnelle und schwere Maschine. Der kleine Zweizylinder-Boxer-Motor hatte ordentlich Kraft. Gute Rundumsicht war garantiert, weil die Maschine nur über ein kleines Windschild verfügte. Auch aus heutiger Sicht ist dieses Motorrad genau das richtige zum Wiedereinstieg.
Eine BMW mit dem Motor einer R65
Foto: Christian Gasche
Nach kaum einem Jahr wird aber jedem ambitionierten Motorradfahrer klar, dass jenseits von 27 PS der Spaß erst richtig anfängt. Der Autor baute in seine R45 eigenhändig den 50 PS Motor einer R65 ein. Hier wird auch der Vorteil deutlich, wenn man zum Wiedereinstieg ein Motorrad auswählt, mit dem man wachsen kann.
Wenn Sie über einen langen Zeitraum seit dem Führerscheinerwerb nicht mehr gefahren sind, sollten Sie es langsam angehen und mit einem kleineren und auch leichteren Motorrad anfangen. Angesichts der verschiedenen Motorradtypen sollte zuallererst genau überlegt werden, welche Bauart am besten zu einem passt. Wichtig ist auch zu überlegen, wie viel Leistung eine Maschine haben soll. Dies hat mehrere Gründe.
Der Gesetzgeber hat bei jüngeren Fahrern (zwischen 18 und 25 Jahren) den Stufenführerschein eingeführt, der vorschreibt, in den ersten zwei Jahren nach Führerscheinerwerb zunächst nur Motorräder mit maximal 34 PS fahren zu dürfen. Bei Personen über 25 Jahren, die den Motorradführerschein machen, entfällt diese Leistungsbeschränkung, obwohl sie auch hier angemessen wäre.
Die Industrie hat sich auf diese Regelung eingestellt und bietet heute Motorräder an, die eine Leistungsbeschränkung eingebaut haben, die nach zwei Jahren mit wenig Aufwand entfernt werden kann. Eine Leistungsbeschränkung wird häufig über die Gemischaufbereitung herbeigeführt. So kann eine so genannte "Drossel" im Luftfilter oder im Vergaser eingebaut werden, die besonders einfach und damit kostengünstig entfernt werden kann. Eine Leistungsbegrenzung wird in den Zulassungspapieren vermerkt und muss auch der Versicherung gegenüber benannt werden. Wenn ein leistungsbegrenztes Motorrad entdrosselt wird, muss dies bei der Zulassungsbehörde angezeigt und der Versicherung gemeldet werden. Der Steuersatz und die Versicherungsprämie werden dann entsprechend angepasst.
Es ist in jedem Falle auch für ältere Motorradfahrer empfehlenswert, wenn sie nach einer längeren Abstinenzphase beispielsweise wegen Familiengründung oder aus Zeitmangel zunächst ein schwächeres und meist leichteres Motorrad kaufen. 27 oder maximal 34 PS sind völlig ausreichend. Ebenso sollte überlegt werden, ob es sofort ein Motorrad mit einer Vollverkleidung sein muss. Die Vollverkleidung führt zu einer eingeschränkten Sicht auf das Vorderrad. Sie kann gerade bei ungeübten Fahrern zunächst stören.
Ebenso sollten Sie bei der Auswahl Ihrer Maschine überlegen, ob Sie wirklich 100 PS oder mehr brauchen. Bereits mit einer 50-PS-Maschine sind sie schneller unterwegs, als die meisten Autos. Je nach Gewicht von Fahrer und Maschine beschleunigt eine 75 PS-Maschine in weniger als 5 Sekunden auf Tempo 100. Bei solchen Beschleunigungswerten haben Sie zwangsläufig einen höheren Reifenverschleiß. Bedenken Sie also die Unterhaltskosten nicht nur von den Positionen Benzin, Steuern und Versicherung. Die sind meistens erschwinglich. Aber wenn Sie mit einer 100-PS-Maschine in einer Saison 5.000 km fahren, bedeutet das auch, dass Sie einen kompletten Satz neuer Reifen abfahren. Und ein solcher Satz kostet mit Montage sehr schnell weit über 250 Euro!